Er ist ein absoluter Leistungsträger und Teamplayer, der seine Mannschaft mitreißen und Fußballspiele entscheiden kann. Phil Skeip zählt seit vielen Jahren zu den tragenden Säulen des ersten Anklamer Männer-Teams, mit dem er in der Landesliga nach sieben Spieltagen auf dem vorletzten Tabellenplatz rangiert. Auch wenn der 31-Jährige seinen Lebensmittelpunkt längst in Rostock hat und als Lehrer in Malchin arbeitet, zieht es ihn zum Fußballspielen nach wie vor in seine Fußball-Heimat Anklam. Im Interview sprach unser Kapitän unter anderem über den holprigen Saisonstart und ein absolutes sportliches Highlight, das er vor wenigen Wochen erlebt hat.

Du warst bei der jüngsten 1:3-Niederlage im Kellerduell gegen Grimmen verletzungsbedingt zum Zuschauen verdammt. Hand aufs Herz: Wie schwer ist es dir gefallen, der Mannschaft nicht auf dem Platz helfen zu können?

Ich musste mich im Vorfeld zwingen, meine Sporttasche in Rostock zu lassen. Ansonsten geht es vor Ort immer ganz schnell, dass man sich doch zur Verfügung stellt. Es ist mir natürlich sehr schwergefallen, da es in diesem Jahr viele wichtige Spiele auf Augenhöhe gibt. Zudem ist ein Freitagabend-Spiel immer etwas Besonderes.

Unser Team ist mit einem Sieg, zwei Unentschieden und vier Niederlagen in die Landesliga-Saison gestartet. Woran hapert es aktuell?

Nach der letzten Saison war klar, es wird in diesem Spieljahr ähnlich schwer für uns, die Landesliga zu halten. Wir erleben seit einiger Zeit einen personellen Umbruch, bei dem uns langjährige Leistungsträger wie Michael Jeske, Andre Dreier oder David Schulz nicht mehr zur Verfügung stehen. Es ist wichtig, dass die Spieler mit mittlerweile längerer Erfahrung im Herren-Spielbetrieb mehr Verantwortung übernehmen. Die Hierarchien und das Verantwortungsbewusstsein nach den ältesten im Team um Philipp Labahn, Christoph Campe und mir sehe ich noch nicht verteilt und ausbaufähig. Souveräne Auftritte in ersten Halbzeiten müssen konsequent auch in Halbzeit zwei zu sehen sein. So fehlen uns unter anderem wichtige Punkte aus den Spielen gegen Kröslin (2:2) und auch Greifswald (3:3).

Mit Jan-Patrick Bruhns, Lukas Klingenberg, Marvin Schulz, Nico Möhr, Johann Haack und Paul Pietsch sind talentierte Spieler aus dem eigenen Nachwuchs nachgerückt. Braucht die Mannschaft noch Zeit?

Vorneweg muss ich sagen, dass das auf und neben dem Spielfeld super Jungs sind. Sie passen menschlich sehr gut in unser Team und haben einen großen Anteil daran, dass wir nach der letzten Saison noch immer in der Landesliga spielen. Sie haben sich mit ihren jungen Jahren immer wieder in schweren Momenten in den Dienst der Mannschaft gestellt und Verantwortung übernommen. Dennoch fehlt es in manchen Spielsituationen an Erfahrung und der nötigen Ruhe am Ball. Sie haben aber allesamt das Zeug dafür in der Landesliga zu bestehen. Würden wir die Zeituhr in die Zukunft drehen, wären wir mit dieser Mannschaft in einem ruhigeren Fahrwasser in dieser Liga unterwegs. Aber alles braucht seine Zeit.

Zu unserem aktuellen Landesliga-Aufgebot zählen 18 Spieler. Dazu kommen die beiden A-Junioren Fabian Grote und Maximilian Paul, die an den ersten Spieltagen Einsatzzeiten im ersten Männer-Team bekommen haben. Ist der Kaderdecke unter Strich zu dünn?

Die beiden Jungs bringen einen Charakter mit, wie man es sich wünscht. Sie kommen zusätzlich auf freiwilliger Basis zum Training der ersten Männer-Mannschaft und haben einfach Bock auf Herrenfußball in Anklam. Eine Eigenschaft, die heutzutage doch recht häufig bei den Jugendlichen abhandenkommt – sich durchzubeißen. Trotz des dünnen Kaders haben wir eine gute Trainingsbeteiligung. Trotzdem würde ich es mir des Öfteren wünschen, dass die Mannschaft sich am Wochenende nicht von selbst aufstellt und der Konkurrenzkampf innerhalb der Mannschaft etwas größer ist. Bei einigen Spielern würde dies auf jeden Fall zu einer Leistungssteigerung führen. Deshalb würde sich von uns niemand darüber beklagen, wenn wir noch den einen oder anderen erfahrenen Kicker bei uns begrüßen könnten.

Ist die Landesliga vielleicht eine Nummer zu groß oder hat unsere Mannschaft die nötige Qualität?

Ich würde mir von ganzem Herzen wünschen, dass wir in den nächsten Jahren die Landesliga halten. Weil ich fest davon ausgehe, dass sich besonders die jüngeren Spieler an das Niveau gewöhnt haben und nicht um den Klassenerhalt spielen müssten. In dieser Saison fehlt es nicht unbedingt an Qualität, eher an Erfahrung. Das Talent für diese Liga besitzen die aufgerückten Nachwuchs-Kicker in jedem Fall. Zudem verlange ich aber auch von den etwas älteren Spielern, dass sie den nächsten Schritt gehen und die Jüngeren in ihrem Weg begleiten und vorangehen.

Müssen sich Spieler, Verantwortliche und Fans auch in dieser Saison auf einen nervenaufreibenden Abstiegskampf einstellen?

Zu jeder Zeit auf Punkte angewiesen zu sein, zerrt tatsächlich auch an uns Spielern. Ich würde persönlich gerne darauf verzichten, befürchte aber, dass es bis in die Endphase der Saison sehr spannend bleiben wird. Ich schätze das Niveau der Landesliga in dieser Saison eher schwächer ein. In vielen Mannschaften haben erfahrene Kicker ihre Karriere beendet – viele Mannschaften befinden sich ebenfalls im Umbruch. Aus diesem Grund scheint in dieser Saison nahezu jeder jeden besiegen zu können – mit Ausnahme der Top 3. Das hat natürlich auch für uns den Vorteil, dass jedes Spiel auf Augenhöhe erfolgreich gestaltet werden kann, was aber natürlich auch für die anderen Teams gilt.

John-Philipp Bruhns ist im Sommer als Trainer der Ersten eingesprungen und wird diese Aufgabe bis zur Winterpause übernehmen. Wie bewertest du seine Arbeit?

Ich bin total stolz darauf, dass John sich bereit erklärt hat. Zumal er durch diese Situation darauf verzichtet, selbst aktiv auf dem Platz mitzuwirken, um besser coachen zu können. Er hat mein vollstes Vertrauen und wir sind im engen Austausch. Er ist sehr akribisch in seiner Arbeit und hat ein sehr gutes Verhältnis zum Team. Alle folgen seiner Idee. Sein eher spielerischer Ansatz gefällt mir persönlich sehr gut. Manchmal fehlt es jedoch auch an der Konzentration und Umsetzung der Spieler. Dennoch sieht man, dass unsere Gegner mit sehr viel einfacherem Fußball Tore gegen uns erzielen. Das ist aus der Sicht aller frustrierend und einfache Fehler gilt es abzustellen. Das ist bisher das Hauptproblem und diese Baustelle gilt es als Team und nicht nur als Trainer zu beseitigen. Insgesamt ist es für John eine große Erfahrung und Herausforderung zugleich. Aber man merkt an seinem Knowhow, dass er seinen Weg als Trainer in der Zukunft erfolgreich weitergehen wird.

Immer wieder ziehen hoffnungsvolle Spieler mit dem fußballerischen Potential, in der Landesliga mithalten zu können, vom VFC zu den umliegenden Vereinen. Was sind aus deiner Sicht die Gründe dafür?

Zum einen ist es für mich eine Charakterfrage, sich durchzubeißen und mit den Besten des Landes zu messen, wenn man das Talent dafür hat. Zudem haben wir eine sehr junge Truppe, bei der die Identifikation sicher nicht zu kurz kommt. Sich für umliegende Vereine zu entscheiden hatte in der Vergangenheit auch seine Gründe. Man ist in einer tieferen Spielklasse schneller der Matchwinner, schießt das eine oder andere Tor mehr oder fühlt sich vom buhlenden Abwerbeverhalten der umliegenden Vereine geschmeichelt. Auch sind in diesem Fall die älteren Spieler gefragt ein vertrauenswürdiges Verhältnis zu den jungen Nachwuchskickern aufzubauen. In der Vergangenheit hat da sicher bei dem einen oder anderen das Fingerspitzengefühl gefehlt. In diesem Jahr sehe ich dabei aber eine erfrischende Harmonie, da der Altersdurchschnitt der Mannschaft sehr jung ist. Dadurch, dass John-Philipp Bruhns zugleich A-Jugend-Trainer ist, fällt vielen der Schritt zu den Männern noch leichter, da sie wissen, was sie erwartet.

Wie bewertest du die Zusammenarbeit zwischen dem VFC und den umliegenden Vereinen?

Für mich lässt sich das nur aus der Ferne beurteilen. Nehme ich als Beispiel den GWA-Hallencup aus dem Januar 2023, so sieht man schon, dass umliegende Vereine teilweise Antipathien gegen den VFC Anklam haben. Das ist natürlich total schade, weil unsere Region viele Potentiale hergibt. Die rivalisierenden Fronten müssen unbedingt durchbrochen werden, um als Region stark zu sein. Durch die Verjüngung in unserem Vorstand sehe ich dabei aber durchaus Chancen, die Zusammenarbeit zu verbessern, besonders im Nachwuchsbereich. Aber insgesamt bin ich zu weit davon entfernt, um mir ein Urteil darüber zu erlauben.

Nach dem zähen Abstiegskampf im Landesliga-Endspurt der Vorsaison bis Du vor wenigen Wochen mit den Rostocker Robben Deutscher Meister im Beachsoccer geworden. Mit welchen Gefühlen blickst du zurück?

Der Gewinn der Deutschen Meisterschaft im August 2023 gehört auf jeden Fall zu den Top 3-Ereignissen meiner sportlichen Laufbahn. Am Finaltag hat alles gepasst. Vor knapp 2000 Zuschauern in der Warnemünder Beach-Arena mit bestem Wetter und dem Beginn der Deutschen Nationalhymne verleihen mir noch heute Gänsehaut-Pur. So viele Gratulations-Nachrichten habe ich nicht einmal zu meinem Geburtstag erhalten. Man investiert sehr viel Training und Zeit für ein gemeinsames Ziel – umso schöner, dass es am Ende die Belohnung dafür gab.

Du lebst in Rostock, arbeitest als Lehrer in Malchin und spielst in Anklam Fußball: Ist der Abschied aus dem Landesliga-Team des VFC ein Thema?

Das ist natürlich für mich eine emotionale Angelegenheit. Viele meiner langen Weggefährten spielen nicht mehr an meiner Seite. Trotzdem fühlt es sich beim Betreten des Stadions immer wieder wie ein großes Familientreffen an. Auch eine Verantwortung gegenüber der Mannschaft und dem Verein lassen mich an ein Trikotwechsel eigentlich nicht denken. Mir macht es total Spaß, mit den Jungs in Anklam zusammen zu kicken und ihnen etwas Wissen und Erfahrungen mitzugeben. Dennoch muss ich einige Kumpels in Rostock Jahr für Jahr hinhalten, nicht noch einmal ein gemeinsames Trikot mit ihnen zu tragen. Ich werde irgendwann mein Gefühl entscheiden lassen.

 

Foto: Inaki Esnaola/Getty Images
Foto: Inaki Esnaola/Getty Images